Auch so kann der Tag einer Leistungssportlerin beginnen. Um 5 Uhr klingelt der Wecker, nach der kurzen Aufwachphase aber übt Milena Slupina bereits Handstände im eigenen Wohnzimmer. Dutzende.
Danach geht es für die Kunstradsportlerin vom TSV Bernlohe zur Frühschicht in den Job als Konstruktionsingenieurin. Um die Ansteckungsgefahr zu minimieren hat ihr Arbeitgeber ein Schichtsystem etabliert.
Also fährt die zweimalige Weltmeisterin, die am 18. April ihren Geburtstag feierte, entweder früh oder spät von Roth nach Schwabach. Das Home-Training rankt sich um diese Zeitachse, zum Glück blieb sie bisher von Kurzarbeit verschont.
In ihrem Sport aber ist nichts mehr wie es einmal war. Der zweite Weltcup in der Slowakei wurde soeben abgesagt, beziehungsweise steht ein Alternativtermin auf dem Prüfstand. Unwahrscheinlich auch der dritte Durchgang im Sommer in Hongkong.
„Wir Elite-Kunstradsportler aber haben noch die Hoffnung auf die zweite Saisonhälfte“, so Slupina. Dann stehen die WM-Qualifikationen an, der Höhepunkt wären die Weltmeisterschaften Ende November in Stuttgart.„Daraus schöpfen wir die Motivation, um uns fit zu halten“, sagt Slupina.
Dennoch alles nicht ganz einfach. Aktuell ohne Zugang zu einer Halle, um professionell auf dem Kunstrad zu trainieren. Milena Slupina hat ihrem Bike Outdoor-Reifen aufgezogen, um zumindest über den Asphalt zu rollen „und damit man noch weiß, wo Lenker und Sattel sind.“
Ansonsten: Ausdauer-Einheiten zur Körperspannung, Jogging, auf dem Crosstrainer in die Pedale treten. Und natürlich – mit Gewichtsmanschetten an den Gelenken – Handstände en masse.
Eigentlich könnte die 25-Jährige, die im Haus ihrer Mutter und Trainerin lebt – auch in einer Sporthalle alle Vorschriften einhalten. „Ohne Infektions-Gefahr und damit kein größeres Risiko als Zuhause.“ Doch in Bayern und in ihrem Landkreis sind derzeit keine Ausnahmeregelungen vorgesehen.
Die weltbeste Bike-Akrobatin kann sich mit den Gegebenheiten arrangieren, nutzt Video-Chats zu gemeinsamen Übungen, spielt die Kür-Musik ihres Vortrags ein, um das Programm mental zu absolvieren und dabei auch die Muskulatur anzusprechen.
Wie es wäre, in der Halle die Beine permanent zu belasten, das kann sie sich im Moment aber nur ansatzweise vorstellen. Und die Entwicklungen des vor der Rückkehr auf den Rasen stehenden Profifußballs betrachtet sie nur am Rande. Sie nennt das eine „Parallel-Gesellschaft“, mit der sie sich eher nicht beschäftige. Handstände dahoam sind dagegen realistisch. (Text: bdr-medienservice / Fotos: HRS.live, privat)