Die Premiere des UCI-Kunstrad-Weltcups war wie erwartet beinahe komplett fest in deutscher Hand. Zum Auftakt der Serie 2018 in Prag (Tschechien) war das Siegerpodest zweimal komplett von Startern aus Deutschland besetzt, dazu gab es zwei deutsche Doppelsiege. Nur in der offenen Viererklasse ging unter den Augen von Indoor-Cycling-World Wide-Chairman Rolf Halter (Erlenbach) und rund 200 Zuschauern der Sieg an die Schweiz.
Es waren die amtierenden Weltmeister, welche dem Weltcup den Stempel aufdrückten. Bei den Einer-Männern zeigte der zweifache UCI-Champion Lukas Kohl (RMSV Kirchehrenbach) bereits eine starke Form. Gleich in seinem ersten Wettkampf des Jahres setzte er eine hohe HRS-Weltjahresbestleistung.
Den zweiten Handstand zeigte Kohl in der schweizer Variante, die kostet weniger Kraft als die deutsche. Letztere zeigt außer Kohl ohnehin fast niemand. „Da spielt der Faktor Sicherheit rein, da ich die Handstände zuletzt nicht so geübt habe wie vor einer WM“, sagte Kohl vorher im Gespräch mit infranken.de. „Diese über ein ganzes Jahr in voller Intensität zu trainieren, geht einfach nicht. Die Saison ist verdammt lang, ich muss Schwerpunkte setzen“, sagt Kohl.
Mit 198,64 Punkten setzte sich Kohl vor seinen Landsmännern Marcel Jüngling (RRV Dornheim/187,33 Punkte) und Martin Fürsattel (RSV Fürth-Vach/173,11). Und das, obwohl Kohl beim Drehsprung, den er auf dreifach erweiteren wollte, vom Rad musste.
Mit weiterem Abstand folgten der Tscheche Jakub Masek (TJ Brno/152,52) und der Ungare Martin Schön (Bokodi SE/151,18).
„Schade war, dass nur acht Nationen am Start waren“, meinte Lukas Kohl zur Premiere. „Ich bin mir jedoch sicher, dass in Heerlen mehr Nationen am Start sein werden, denn dann beginnt die Saison für alle Elitesportler
Es sei aber schwierig, über die Wertigkeit des Weltcups ein Urteil zu fällen, findet Kohl. Das Abschneiden hat keine Auswirkung auf die WM-Qualifikation, die Abläufe sind auch andere: Jeder Sportler hat nur einen Auftritt mit seiner fünfminütigen Kür, alles oder nichts, ohne Finale oder Vorrunde.
Kohl: „Ich persönliich freue mich besonders auf die dritte Runde am 12. August in Hongkong, andererseits ist es fast ein wenig verrückt, dass ich für eine fünfminütige Kür dorthin fliege.“
Bei den Frauen untermauerte Weltmeisterin Milena Slupina (TSV Bernlohe) ihre derzeitige Ausnahmestellung. Mit 185,08 Zählern blieb sie nur drei Punkte unter ihrer inoffiziellen Weltbestleistung. Im gewohnt internationalen engen Feld sicherte sich Mareen Haase (RV Hoffnungsthal) mit starken 180,77 Punkten Rang zwei vor der amtierenden Vize-Weltmeisterin Voila Brand (RSV Unterweissach), die auf 176,04 Zähler kam.
Ex-Weltmeisterin Adriana Mathis (RC Meiningen/AUT) verpasste mit 160,42 Punkten das Podest deutlich. Sie wagte dabei selbst eine Premiere und zeigte erstmals den Lenkerhandstand.
Interessant das Comeback von Denise Boller (RC Gisingen). Die österreichische Weltmeisterin von 2010 konnte ihre anspruchsvolle Kür aber noch nicht optimal umsetzen und rutschte auf Rang acht zurück.
Das spannende Duell im Zweier offene Klasse ging an die neuen Weltmeister Serafin Schefold/Max Hanselmann (RV Öhringen/GER). Mit 157,80 Zählern gewannen sie in Prag vor den top gesetzten vierfachen Ex-Champions André und Benedikt Bugner (RSV Klein-Winternheim/143,19).
Dabei waren die Bugners trotz Absteigers bei den Lenkerstanddrehungen lange auf der Siegerstraße. Doch wie bei der WM 2017 patzten die Brüder kurz vor Schluss beim Übergang mit Schulterstand.
Die amtierenden WM-Dritten Lukas Burri und Fabienne Hammerschmidt aus der Schweiz verhinderten einen dritten deutschen Dreifacherfolg. Mit 141,58 Punkten schoben sie sich auf Rang drei, auch weil Nina Stapf und Patrick Tisch (RV Magstadt) bei ihrer internationalen Premiere keinen perfekten Tag erwischten.
Bei Zweier-Frauen vollzieht sich indes ein Generationenwechsel. Nach dem Rücktritt der dreifachen Weltmeisterinnen Nadja und Julia Thürmer (RV Mainz-Finthen), die seit 2009 die internationale Spitze mitbestimmten, meldeten in Prag Sophie Nattmann und Caroline Wurth (RSV Gutach) ihre Ambitionen an.
Doch bei ihnen gab es eine Schrecksekunde: Beim Lenkerhandstand auf einem Rad stürzte Caroline mit dem Kopf auf den Hallenboden. Der Haar-Dutt dämpfte vermutlich den Aufprall, denn sie stieg sofort wieder aufs Rad.
Das Paar gewann mit 136,20 Punkten ungefährdet vor Helen Vordermeier/Selina Marquardt (RV Oberjesingen/114,98) und Irina Christinger/Nathalie Steinemann (Schweiz/77,64).
Die Vize-Weltmeisterinnen Lena und Lisa Bringsken (RCV Böhl-Iggelheim) hatten ihre Teilnahme gesundheitsbedingt abgesagt.
In einer eigenen Liga fahren derzeit die Vierer-Frauen des RV Sirnach (Schweiz). Melanie Schmid, Jennifer Schmid, Céline Burlet und Flavia Zuber legten mit 222,41 Punkten schon jetzt eine hohe Weltjahresbestleistung.
Das Quartett des VfH Worms, Sabrina Born, Nora Erbenich, Hannah Rohrwick und Annika Furch, avancieren nach dem Rücktritt des RSV Steinhöring vorest zur neuen deutschen Nummer eins. 187,26 Punkte führten zur Rang zwei vor dem Mixed-Team Anton Köhler, Nicole Kerner, Fabian Kerner und Maike Reinfurth (SG Erlenbach/Öhringen, 164,73).
Letzteres Team musste nach einem schmerzhaften Sturz die Kür unterbrechen und brachte sie zum Abschluss der Konkurrenz zu Ende.
„Aus unserer Sicht war es eine sehr gelungene Veranstaltung mit tollen Leistungen und einer guten Zuschauerkulisse“, so die UCI-Delegierte Claudia Bee (Aschaffenburg) .
Der 2. UCI-Kunstrad-Weltcup 2018 findet am 30. Juni in Heerlen/Niederlande statt. Auch dort werden die amtierenden Weltmeister und WM-Medaillengewinner sowie ein Großteil der deutschen Athleten wieder in der Favoritenrolle sein. (Text: Stefan Thomé/WS – Fotos: Wilfried Schwarz)
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Ergebnisse: 1. UCI-Weltcup Kunstradfahren vom 10.2.2018 in Prag
Bilder von Wilfried Schwarz: facebook.com/diesportfotografen
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