DM 2022: Kampf um Medaillen und die letzten WM-Tickets

Der Hallenradsport steht mit den deutschen Meisterschaften in Mainz vor seinem ersten Saisonhöhepunkt. Es geht neben den DM-Medaillen einmal mehr auch um die letzten Tickets für die Weltmeisterschaften Anfang November in Belgien.

„Darauf darf man sehr gespannt ein“, sagt Kunstrad-Bundestrainer Dieter Maute. Die DM habe besonders eigene Gesetze – und unvorhersehbare Ausgänge, weil nach dem letzten Durchgang der Qualifikation manchmal die Spannung abfalle. Das heißt, die Kunstrad-Vorrunde in Mainz entscheidet, wer nach Gent reist – danach werden in den Finals die Meistertrikots vergeben.

Fix ist die Vergabe im Einer der Frauen. Die beiden Aufsteigerinnen Jana Pfann und Ramona Dandl (beide RKB Bruckmühl) sind nach Punkten quasi nicht mehr einzuholen und reisen erstmals zur WM nach Gent. Die noch amtierende Vizeweltmeisterin Lara Füller (Poppenweiler) aber könnte sich mit dem schwarz-rot-goldenen Leibchen trösten. „Unter dem Strich haben wir in dieser Disziplin eine tolle Situation“, so der Erfolgs-Coach. Das treffe auf Spitze wie Breite zu.

Das Gleiche beim Einer der Herren. „Das Niveau ist unglaublich“, so Maute. Fünf 200-Punkte-Ergebnisse gab es im Verlauf den German-Masters-Serie. Das sorge „langfristig“ für eine gute Entwicklung. Denn auch Dieter Maute weiß: nach der Super-WM 2023 in Glasgow/Schottland steht der große Umbruch bevor.

Doch das ist ein Thema für übermorgen. In Mainz kann einer aus dem Trio Marcel Jüngling (Dornheim), Philipp-Thies Rapp – in seinem ersten Elite-Jahr – und Max Maute (beide Tailfingen) den WM-Platz neben dem Dominator und Weltrekordler Lukas Kohl (Kirchehrenbach), der Anfang September 216,40 Zähler erzielte, ergattern.

In der offenen Zweier-Klasse konnten sich die UCI-Champions Serafin Schefold und Max Hanselmann (Öhringen) sogar den Luxus eines Absteigers erlauben – in Sachen Schwierigkeit aber hat das Duo weiter draufgesattelt und fährt in einer eigenen Liga. Die Vize-Weltmeister Nico Rüdiger/Lea-Victoria Styber (Langenselbold) kämpfen mit den Ex-Europameistern Nina Stapf und Patrick Tisch (Magstadt) um Platz zwei im WM-Ranking – und haben beide DM-Titelpotenzial!

Im Zweier der Frauen ist das Gespann für Flandern fix. Die WM-Titelverteidigerinnen Helen Vordermeier/Selina Marquart (Oberjesingen/Stuttgart) „mit ihrer Stabilität seit der WM“, so Maute, und den Europameisterinnen Caroline Wurth/Sophie Wöhrle (Gutach), die laut Maute ihr mentales Trauma überwunden haben, werden sich einen prickelnden Kampf um das DM-Trikot liefern.

Im Vierer-Kunstradfahren ist Europameister RV Mainz-Ebersheim derzeit das Maß aller Dinge. In der WM-Qualifikation ist das Quartett den Konkurrentinnen weit enteilt. Doch den DM-Titel gibt es nicht automatisch. Die Teams aus den Mannschafts-Hochburgen Steinhöring und Aach sowie das junge Gespann der TSG Flonheim können mit fehlerfreien Darbietungen ebenfalls auf Goldkurs gehen und sind zumindest klare Medaillenanwärterinnen.

Im Radball heißt es für besten fünf deutschen Teams, die sich zuletzt bei den beiden Finale Five-Turnieren gegenüberstanden, volle Pulle. Überraschender Fakt ist: die Weltmeister Bernd und Gerhard Mlady (RMC Stein) belegen wieder die Pole-Position – und das trotz schwerer Verletzung von Tormann Gerhard im Frühjahr. Mit sieben Punkten Vorsprung auf ihre Dauerrivalen vom RV Stahlross Obernfeld (André und Rafael Kopp) liegt Stein in Front – das sollte eigentlich reichen.

Und dieses Verdikt, nachdem Gerhard am dritten Bundesliga-Spieltag mit Wadenbeinbruch und Bänderschäden abtransportiert werden musste. Sein Cousin Bernd kämpfte sich mit Ersatz-Partnern durch die Bundesliga- und Pokal-Saison und hätte es sich „nie vorstellen können, dass es dennoch so gut ausging. Der Knackpunkt war wohl das Deutschlandpokal-Finale, vor dem ich mit Robert Mlady gerade viermal trainieren konnte.“ Das ungleiche Duo gewann trotzdem.

„Meine Aufgabe bestand darin, die verschiedenen Partner auf der Fläche zu entlasten, längere Ballbesitze zu übernehmen, die Konzentration hochzuhalten,“ erläutert Bernd seinen Job. Und ausgerechnet in einer Phase, die das fränkische Duo eher als „entspannte“ Übergangs-Saison vorgesehen hatte: um ein paar Körner Kraft zu sparen. Alles kam anders, verkompliziert durch Corona-Erkrankungen der beiden Radball-Recken aus Stein.

Beim ersten Final-5 gab Gerhard sein Comeback. Körperlich logischerweise gehandicapt nach langer Pause, aber motiviert: der Punkte-Vorsprung der Franken, die in Mainz auch als DM-Titelverteidiger am Start stehen, stieg weiter.

Nicht zu unterschätzen sind die weiteren Finalisten RSC Schiefbahn (Marius Hermanns/ Sven Holland-Moritz), RSG Ginsheim (Jens Krichbaum/ Roman Müller) und Stein II (Robert Mlady/ Michael Birkner). Sie werden angesichts des ausgelobten Meistertrikots an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gehen, um die Favoriten hinter sich zu lassen.

In der Radpolo-Meisterrunde treten Kristin Hesselbarth und Kristin Nadpor vom Reideburger SV als Titelfavoritinnen an. Nach zweimal Silber (2015 und 2019) sowie einmal Rang drei (2018) wollen die amtierenden Bundesliga-Siegerinnen im fünften gemeinsamen Anlauf endlich das Meistertrikot einfahren.

Die schärfsten Konkurrentinnen kommen vom RSV Frellstedt in Niedersachsen: Theresa Sielemann und Luisa Artmann sind die bisher immer noch amtierenden Titelträgerinnen von 2019, nachdem 2020 und 2021 aufgrund der Corona-Pandemie keine DM im Radpolo ausgetragen wurden. In der abgelaufenen Bundesligasaison wurden Sielemann/Artmann Zweite und sie sind Bundespokalsiegerinnen 2022, wo sie im Frühjahr Reideburg im Finale bezwangen.

Die DM beginnt am Samstag ab 8.30 Uhr und kann im Internet über die Livestreams von sportdeutschland.tv verfolgt werden. Die Arena ist unterdessen ausverkauft, was die BDR-Hallenradsportkommission sogar zu einer amtlichen Bekanntmachung veranlasste: „Um Unstimmigkeiten vor Ort vorzubeugen, wird dringend davon abgeraten, ohne Eintrittskarte anzureisen“, ließ die Kommission am 21. September vermelden. (red/st)

Zeitplan und weitere Infos unter: dm-elite-2022.rv-rheinhessen.de

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