WM 2021: Zwei deutsche Doppelsiege

Tag zwei der Hallenradsport Weltmeisterschaft brachte eine nahtlose Fortsetzung von Erfolgen für das Gastgeberland Deutschland. Sowohl im Einer Kunstradfahren der Frauen als auch im Zweier Kunstradfahren der offenen Klasse gab es zwei deutsche Doppelsiege. Zudem ging das deutsche Radballteam als Sieger einer kuriosen Vorrunde hervor und zieht damit direkt für das Halbfinale am Sonntag ein.

1er Frauen: Slupina macht WM-Tripple perfekt

Im Einer Kunstradfahren der Frauen gab es den erhofften deutschen Doppelsieg. Und das in einer Medaillenrunde mit absoluten Höchstleistungen. Die neue Weltmeisterin heißt Milena Slupina (Bernlohe/GER). Und das zum nunmehr dritten Mal nach 2017 und 2019.

Die Titelverteidigung gelang ihr dabei souverän mit einem neuen Weltmeisterschafts-Rekord von 194,56 Punkten. „Der Druck war wie immer sehr hoch. So ist das eben, wenn man als Favoritin gehandelt wird“, sagte Slupina. Doch das sei bei jedem Wettkampf gleich, findet sie. Nur dass dieses Mal fast 4.000 Zuschauer vor und nach ihrem Auftritt für lautstarke Stimmung sorgten. „Das war der absolute Wahnsinn, was da auf den Rängen abgeht.“

Davon getragen brachte sich Slupina nur für einen kurzen Moment während ihres Vortrages selbst in Bedrängnis. Auf dem Hinterrad freihändig rückwärtsfahrend musste sie abbrechen und neu ansetzen. „Das hat mir wertvolle Zeit gekostet. Ich war danach zehn Sekunden hinter meinem normalen Ablauf zurück und musste sehr effizient durchkommen“, schilderte sie.

Slupina wusste, nur mit einer fehlerfreien Kür kann sie zu Gold fahren. „Ich habe den Titel nicht verteidigt, sondern neu gewonnen. Die zwei vorherigen WM-Siege kann mir ja keiner mehr nehmen, selbst wenn ich es heute nicht geschafft hätte.“

Ihre schärfste Konkurrentin aus dem eigenen Lager, Lara Füller (Poppenweiler/GER), hatte stark vorgelegt. Und das bei ihrer ersten WM. Die Lokalmatadorin, die nur 20 Kilometer von Stuttgart beheimatet ist, erzielte in der Medaillenrunde 182,96 Punkte. Nur bei einer Pirouette kassierte sie einen größeren Abzug. „Ich war weit weniger aufgeregt als noch in der Qualifikation am Vortag“, schilderte die amtierende deutsche Meisterin. „Alle haben mir gesagt, ich solle das Finale einfach genießen und das habe ich gemacht“, sagte sie mit einem strahlenden Lächeln.

Die Bronzemedaille sicherte sich Alessa Hotz aus der Schweiz. Sie absolvierte ebenfalls ihre erste Weltmeisterschaft und hatte als erste des Viererfinals mit 169,95 Punkten eine neue persönliche Bestleistung erzielt. Fast wäre sie bei einer Übung gestürzt. „Aber ich habe alles gegeben, um auf dem Rad zu bleiben“, sagte Hotz.

Vom Publikum in dieser Szene angefeuert, rettete sie sich fehlerfrei ins Ziel. Für sie war es der erste Auftritt seit langen vor einem Publikum, denn in der Schweiz wurden alle Turniere ohne Zuschauer durchgeführt.

Mit Rang vier musste sich die Österreicherin Lorena Schneider begnügen. Doch die WM-Dritte von 2019 nahm es sportlich, ging mit einem Lächeln von der Fläche und gratulierte umgehend ihrer Kontrahentin.

Zweier offene Klasse: UCI-Champions setzen sich erneut klar durch

Eine klare Angelegenheit war der Sieg der bereits dreifachen UCI-Champions Serafin Schefold und Max Hanselmann. Die beiden deutschen vom Club RV Öhringen blieben in Final-4 am Abend nur vier Hundertstel unter ihrem eigenen WM-Rekord von vor zwei Jahren. Mit 168,21 Punkten ließen sie der Konkurrenz keine Chance. Dafür gab es im Anschluss ein Ständchen vom 4.000 Stimmen starken Zuschauer-Chor und ein frisch gezapftes Bier nach der Siegerehrung.

„Die Atmosphäre war wieder einmal phänomenal“, sagte Untermann Serafin. Er wagte beim Aufwärmen schon einen kurzen Blick in die Porsche-Arena. „Da habe ich bereits Gänsehaut bekommen und während unserer Kür haben die Zuschauer bei unseren Highlights fast zu laut geklatscht. Es war einfach ein krasses Gefühl“, sagte er.

Für die beiden soll es weiter hoch hinaus gehen. Die Saison 2022 haben Max und Serafin bereits fest im Blick und auch bei den UCI-Weltradspielen in Glasgow 2023 wollen sie unbedingt dabei sein.

Hinter ihnen erwächst starke Konkurrenz. Ein Paar davon ist das erst vor einem Jahr neu gebildete Mixed-Duo Nico Rödiger und Lea-Victoria Styber. Sie setzten sich in der harten deutschen WM-Qualifikation durch. „Dabei hatten wir eine sehr wechselhafte Saison und sind nun einfach überwältigt, Vize-Weltmeister zu sein“, findet Untermann Nico.

Zwar stand seine Partnerin Lea zweimal am Boden doch auf einem Rad packten sie ein wahres Feuerwerk an Höchstschwierigkeiten aus. „Unser Ziel waren 150 Punkte und Silber“, hielt Lea fest. So gesehen gelang den beiden eine Punktladung: 151,38 Zähler und Rang drei.

Nicht ganz zufrieden mit ihrem Vortrag waren die Drittplatzierten Marcel Schnetzer und Katharina Kühne aus Österreich. Sie hatten einen vermeidbaren Doppelsturz. „Mit oder ohne diesen Patzer, es hätte an der Platzierung nichts geändert“, gestand Untermann Marcel, „dennoch möchte man ja gerade zur WM eine perfekte Kür abliefern.“ Platz vier ging an die Tschechen Jakub Masek/ Tomas Gruna. Mehr Paare waren aufgrund der Corona Pandemie in diesem Jahr nicht am Start.

RADBALL: Schnetzer sieht gelb-rot – Deutschland gewinnt Vorrunde

Eine kuriose Vorrunde ging in Radball mit einem Sieg der deutschen Mannschaft im Prestige-Duell gegen Österreich zu Ende. Gerhard und Bernd Mlady, Weltmeister von 2018 und amtierende Vize-Weltmeister, schlugen den mehrfachen Weltmeister Patrick Schnetzer mit dessen neuen Partner Stefan Feuerstein (Österreich) in einem packenden Fight mit 7:4. Damit hat Deutschland eine Medaille sicher, weil es direkt ins Halbfinale einzieht.

Österreich muss als drittplatziertes Team in der Zwischenrunde und trifft dort auf Tschechien (Rang vier). Schnetzer hatte im Match zuvor gegen Tschechien beim Stand von 3:3 wenige Sekunden vor Schluss die gelb-rote Karte gesehen, nachdem er sein Rad aus Wut auf die Fläche geschmissen hatte. Zuvor war er bereits wegen Reklamierens mit gelb verwarnt worden. Durch den Feldverweis wurde die Partie mit 5:0 für Tschechien gewertet.

 Platz zwei im Ranking sicherte sich die Schweiz (Severin und Benjamin Waibel), die Austria ein 3:3 abrang und Deutschland am Morgen mit 1:0 geschlagen hatte, dafür aber dem letztplatzierten Belgien mit 1:2 unterlag. Die Schweiz muss im Playoff-Match gegen Frankreich (5. Platz) ran.

Sieger der B-Gruppe wurde Japan vor Ungarn und Hongkong. Japan spielt am Sonntag gegen den letzten der A-Division Belgien um den Aufstieg in die Top-6-Nationen.

(Text: Stefan Thomé / Fotos: Silja Donis/Mike Lauterbach)

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